Hallo,
seid Ihr auch schon so gespannt, wie's weitergeht mit dem Besuch am Morgen? Ich persönlich frage mich ja auch, ob der Zauberspiegel überhaupt das Rentenalter erreichen wird, wenn er weiterhin so frech ist... *grins* Aber nun weiter im Märchenbuch:
"Guten Morgen!" grüßte Draco und kam näher. "Guten Morgen" grüßte die kleine Hexe zurück. "Du musst Draco sein. Freut mich, Dich kennen zu lernen." Draco war verblüfft. "Wie, Du kennst meinen Namen? Aber wie..." Er brach ab, weil er nichts Taktloses sagen wollte, schließlich hatte zwischen Magica und ihrer Schwester schon Funkstille geherrscht, bevor er aus dem Ei gekrabbelt war - ganz zu schweigen davon, dass ihr Anblick gewisse Fragen aufwarf, von denen er nicht wusste, wie und ob er sie stellen sollte.
"Nun, nur weil meine Schwester und ich es vorziehen, uns aus dem Weg zu gehen, heißt das nicht, dass ich keinen Kontakt zu meinen Onkeln hätte... da erfährt man so allerhand. Aber entschuldige... ich vergesse meine Manieren... ich bin Mysteria de Spell - und der Werwelpe an meiner Seite ist Roar." Sie reichte Draco eine Pfote, die dieser eigentlich ergreifen wollte aber stattdessen mit der Frage rausplatzte, die ihm einfach von der Zunge musste: "Was ist denn mit Dir passiert???"
Mysteria kam nicht zum Antworten, denn in diesem Moment apparierte Magica vor dem Tor - und starrte ihre Schwester sprachlos an. Sie hatte eigentlich vorgehabt, ihre Schwester in die Arme zu schließen, ihr zu sagen, wie sehr sie sich freue, sie zu sehen und dass sie hoffe, dass sie sich wieder so nah wie früher sein könnten - all das und viel mehr hatte sie sagen wollen... und brachte nicht einen Ton heraus. "Hallo Magica" sagte Mysteria leise. "Ich hoffe, ich bin willkommen... ich wusste nicht, wohin sonst..." Magica fand ihre Sprache wieder. "Aber natürlich - Du bist mir immer willkommen, wie kannst Du denn daran nur zweifeln... aber was zum Beelzebub ist mit Dir passiert? Wo sind Deine Beine???" Die Worte ihrer großen Schwester verfehlten nicht ihre Wirkung, Mysteria entspannte sich. "Mir fehlen nicht nur die Beine... ich hab' auch meine Ohren eingebüßt."
Draco und Magica schnappten beide nach Luft. "Jetzt sag' bloß nicht..." setzte Magica an. "Doch" unterbrach Mysteria sie. "Auch ich bin dem bösen Zauberer in die Quere gekommen. Er hat sich einen Spaß draus gemacht, mir im Gegensatz zu den Onkeln noch etwas von meinem Körper übrig zu lassen. Und damit meine Hüte besser sitzen, hat er mir die Ohren auch noch weggezaubert. Zum Glück habe ich einen Gegenzauber gefunden, so dass ich wenigstens noch hören kann, aber kein Zauber der Welt bringt mich mehr zum Laufen..." Sie musste inne halten, weil ihr Tränen in die Augen stiegen. Magica legte eine Pfote auf ihre Schulter und sagte sanft: "Jetzt kommst Du erst mal mit rein und erzählst mir alles in Ruhe bei einer schönen Tasse Tee."
Und als sie alle versorgt mit warmem Schierlingstee im Wohnzimmer des Hexenturms saßen, begann Mysteria mit ihrer Erzählung. "Nachdem Du damals bei Nacht und Nebel fortgegangen bist, war für Arthud und mich klar, dass wir keine gemeinsame Zukunft haben würden - er wusste aber auch, dass er keine Chance auf eine Zukunft mit Dir haben würde, denn Du würdest nie etwas tun, was mir weh tut. Nun, wir kamen überein, Deinem Beispiel zu folgen und trennten uns, ich habe schweren Herzens akzeptiert, dass Du Dich zurück gezogen hast und habe mich nicht getraut, den ersten Schritt zu tun - dabei hast Du mir so unendlich gefehlt. Ihr alle..." Magica unterbrach sie "Ich wünschte, Du hättest es gewagt... ich hatte nicht den Mut. Ich wollte doch Deinem Glück nicht im Weg stehen."
Mysteria lächelte sie unter Tränen an: "Glücklich sind wir alle wohl nicht geworden, Arthud ist außer Landes gegangen - er kam erst kürzlich zurück, weil der Zauberrat ihn gerufen hat, ihn, mich und noch einige andere. Der böse Zauberer ist inwzischen zu einer ernsthaften Bedrohung für die magische Welt geworden, Magicus war lange nicht der Erste, den er im Zaubererduell besiegt und verstümmelt hat. Er zieht eine Spur der Verwüstung hinter sich her und macht sich einen Spaß daraus, seine Opfer für's Leben zu zeichnen und zu demütigen. Die Zahl seiner Opfer ist unvorstellbar groß und wir haben im Auftrag des Zauberrats versucht, ihn in seine Schranken zu verweisen. Wie Ihr an mir sehen könnt, ohne Erfolg... er ist abgrundtief böse, völlig skrupellos und wird leider immer mächtiger. Den armen Arthud hat er zum Beispiel in eine Kröte verwandelt und auf eine Wiese gezaubert, auf der jede Menge Störche auf die Jagd gehen. Und Du erinnerst Dich doch noch an Skribios, unseren alten Zaubertranklehrer? Den hat er in Mumienstaub verwandelt - er verhöhnt seine Opfer noch... und keiner kann ihn aufhalten."
Die anderen schwiegen betreten. "Ich hatte keine Ahnung, dass es so schlimm steht" meinte Magicus schließlich. "Seit ich meinen Körper eingebüßt habe und meine beiden Brüdern das gleiche Schicksal ereilt hat, interessiere ich mich nicht mehr allzu sehr für die Welt außerhalb unseres Turms. Ich merke, dass das ein Fehler war." Sir Paul klapperte mit seinen Kiefern: "Aber kein Fehler war es, dass Du hergekommen bist - endlich." Mysteria lächelte alle an: "Ich bin froh, dass ich mich endlich überwunden habe, diesen Schritt zu tun. Aber ehrlich gesagt, ich wusste auch nicht, wohin ich sonst hätte gehen können... in dem Zustand ist es allein nicht so einfach..." Magica nahm noch einen Schluck Tee und antwortete dann: "Ich hätte mir einen schöneren Anlass für unser Wiedersehen gewünscht, aber die Hauptsache ist, Du bist jetzt hier. Ich hoffe, Du kannst mir jemals vergeben, dass ich Dein Glück zerstört habe." - "Nun, ich ja auch Deines, schließlich konntest Du meinetwegen auch nicht einfach mit Arthud glücklich werden... sagen wir einfach, wir sind quitt und..." Sie hielt inne, denn in diesem Moment sprang Nevermore, der vorher neugierig Roar beschnüffelt hatte, mit einem lauten "Miau" zurück. Igor schlug erschrocken mit seinen Flügeln - und Roar... der Werwelpe war urplötzlich zu einem ausgewachsenen Werwolf geworden, der laut und wütend heulte.
Mysteria sprang überraschend behende von ihrem Stuhl und fasste Roar um den Hals. "Also wirklich, Roar... so benimmt man sich aber nicht wegen einer Katze... selbst dann nicht, wenn die Katze früher mal ein Staubsaugervertreter gewesen ist, also reiß Dich zusammen!" Dieser kleine Zwischenfall hatte von Magica die Anspannung genommen, die Mysterias Bericht in ihr aufgebaut hatte, sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück und lachte herzhaft. "Wenigstens ist Roar immer noch ganz der Alte... aber nun werden wir erst einmal schauen, dass wir Dich unterbringen. Und mal sehen, vielleicht kannst Du mir ja demnächst bei meinem neuen Hexereibedarfsstand helfen, den ich nächste Woche eröffnen werde..."
Und es begann eine große Geschäftigkeit im Hexenturm, und obwohl die Umstände ganz und gar nicht erfreulich waren, waren doch alle froh, dass sie wieder zusammen waren. Nur Draco war ein wenig schwer um's Herz, aber das behielt er für sich, stattdessen behielt er Magica aus den Augenwinkeln besonders gut im Auge, und was er da sah, wenn sie sich unbeobachtet fühlte, ließ ihn nichts Gutes für die Zukunft erhoffen. Aber das ist eine andere Geschichte und die soll ein anderes Mal erzählt werden.
Meine Güte, das hat mich richtig mitgenommen... ganz schön was los in der Zaubererwelt. Die arme Mysteria... und die anderen erst. Armer Arthud, den werden wohl längst die Störche erwischt haben, das ist aber alles bitter. Aber wenigstens haben die beiden de Spell-Schwestern wieder zueinander gefunen, das ist doch auch schon mal was!
Liebe Wochenendgrüße
Eure Märchentante Bluebell